Jannis Johannmeiers Denken und Handeln ist von einem positiven Menschenbild in der Arbeitswelt geprägt. Warum alle davon profitieren können und bessere Ergebnisse erzielen.
Jannis Johannmeier hat eine Vision, eine ganz große: „Die braucht es aber auch, um den nötigen radikalen Wandel umzusetzen“, sagt der 33-Jährige entschlossen. Den Gründer des Startups The Trailblazers treibt eine Idee um: Er hat den Traum von einer Welt, die allen Menschen eine wünschenswerte Zukunft in einer Gesellschaft bietet, in der jeder seine Stärken und Schwächen ausleben kann, in der Arbeit wirklich neu ist und nichts mit dem zu tun hat, was heute oftmals als „New Work“ verkauft wird:
„Ich höre immer wieder Äußerungen von Unternehmern, die stolz darauf verweisen, wir haben jetzt digitale Strukturen geschaffen, arbeiten im Home Office, wir nutzen Slack – das ist für mich nicht New Work. Es geht um sehr viel mehr“, sagt der PR-Spezialist.
Doch wie kann so eine Arbeits-(Welt) in der Realität funktionieren? Jannis Johannmeier ist den Beweis selbst angetreten. In seiner während der Corona-Pandemie gegründeten Kommunikationsagentur wird das Experiment neue Arbeit bereits gelebt. Ein offizielles Büro gibt es erst seit einigen Monaten im Pioneers Club in Bielefeld. Das sei gar nicht so wichtig und mache auch nur dann Sinn, wenn es den Anspruch habe, Kreativität zu säen. „Wenn das Büro nicht den Charakter eines zweiten Zuhauses hat, kann man gut darauf verzichten“, beschreibt Jannis Johannmeier seine Sicht auf die Dinge.
Und auch sonst ist bei den „Trailblazers“ vieles anders: Hier gibt es niemanden, der Anweisungen erteilt und sagt, was jeder Einzelne zu tun hat: „So etwas limitiert und macht uns klein. Im Privatleben entscheiden wir auch selbst, wohin wir in den Urlaub fahren, wann wir einkaufen gehen. Ich bin überzeugt, dass wir auch im Arbeitsleben diese Freiheit haben sollten. Man muss den Menschen vertrauen und sie machen lassen, wie sie es für richtig halten und nicht bei der ersten Gelegenheit dazwischenhauen, weil man es selbst vielleicht anders gemacht hätte“, beschreibt Jannis Johannmeier. Er weiß, dass diese Ansichten nicht überall auf offene Ohren stoßen. Das stört ihn wenig, ihm ist es wichtig, mutig zu sein, etwas zu riskieren und neue Wege zu gehen. Es sei sein positives Menschenbild, das ihn zu diesen Erkenntnissen gebracht habe: „Jeder Mensch ist im Grunde gut. Sein innerer Kompass und seine intrinsische Motivation treiben ihn an, gute Ergebnisse zu leisten. Wird ihm zusätzlich Verantwortung übertragen, Vertrauen und Wertschätzung entgegengebracht, dann kann etwas Großartiges entstehen, weil die Freiheit selbst gestalten zu können, positive Energie freisetzt.” Hierarchien gibt es in dem jungen Unternehmen keine, Entscheidungen würden immer nur im Sinne der Sache in größerer Runde gefällt. Ansonsten entscheide jeder selbst.
„Bei uns hat nicht der Geschäftsführer das letzte Wort, ich breche mit diesem Begriff, weil er einen Zustand beschreibt, der einmal existierte. Ich sehe mich als Teil einer Gruppe von Menschen, mit denen ich das Leben teile“, so Jannis.
Der Bielefelder weiß, dass diese Haltung im krassen Gegensatz zur „alten“ Wirtschaft steht, die in der Regel von einem negativen Menschenbild a`la Thomas Hobbes geprägt ist. „Das ist das Grundprinzip, auf dem unsere Wirtschaft erfolgreich geworden ist. Menschen sind hier kleine Zahnräder, die sich zu größeren entwickeln können, wenn sie sich gut verhalten. Dafür bedarf es Autoritäten, die eine klare Ansage machen und sagen, was richtig und was falsch ist“, so der Kommunikationsspezialist. Diese „neue“ Welt lasse sich jedoch nicht mit Regeln der alten Welt aufbauen. Das Feuer müsse neu entfacht werden. Insbesondere unternehmerisch Denkende hätten die Möglichkeit, eine neue Arbeitswelt für die Zukunft zu erschaffen. „Jedes Unternehmen kann einen Impact auf die ganze Welt haben, ich glaube, dass es unsere Pflicht ist, diesen Impact zu entfesseln. Wirtschaftlicher Erfolg ist keine Maßeinheit für die Zukunft der Menschen“, ist Jannis Johannmeier überzeugt.
Denn die (Arbeits-)Welt sieht alles andere als rosig aus. Der Frust der Mitarbeitenden in den Unternehmen ist hoch – und das seit Jahren. Das führt der Gallup-Engagement-Index uns Jahr für Jahr vor Augen. Hiernach leisten in 2020 gut zwei Drittel aller Beschäftigten nur Dienst nach Vorschrift, nur 17 Prozent sind emotional an ihr Unternehmen gebunden und 15 Prozent haben bereits innerlich gekündigt.
Erste Erfolge, seine Vision zu teilen, kann der Visionär bereits verbuchen. Der Blick auf das rasante Wachstum seines Teams, das mittlerweile auf 20 Frauen und Männer angewachsen ist, zeigt dieses in beeindruckender Weise. Auch viele seiner Kunden, die hier Partner heißen, konnte er von seiner Idee begeistern. „Das Feld sortiert sich von ganz alleine, man merkt ziemlich schnell, ob eine Vision die Leute fasziniert oder nicht“, so Jannis Johannmeier, der geradezu überwältigt wurde von Bewerbungen für Jobs in seiner Agentur, die gar nicht ausgeschrieben waren. Und das seien bei Weitem nicht alles Hipster. „Wir sind divers, die Altersstruktur reicht von Mitte zwanzig bis Ende fünfzig. Das sind Menschen, die an etwas glauben, die Lebenserfahrung und einen Mindset mitbringen“, beschreibt Johannmeier.
Ob Führung tatsächlich künftig gebraucht werde, sei eine Frage, auf die wir heute noch keine Antwort geben könnten.
„Wir müssen erst einmal die richtigen Fragen stellen. Und nicht auf Fragen, die niemand gestellt hat, mit irgendwelchen Antworten reagieren, die niemand braucht. Leider gibt die Wirtschaft heute meist Antworten, ohne die wirklichen Fragen zu kennen“, so Jannis Johannmeier.