Persönliche Berufsziele können sich im Laufe eines Arbeitslebens verändern. Wie kann eine Neu-Orientierung aussehen? Welche Kompetenzen sind notwendig? Die Berufsberatung im Erwerbsleben zeigt Wege auf.
Peter Müller ist gelernter Tischler, viele Jahre hat er diesen Beruf ausgeübt. Irgendwann reifte in ihm der Wunsch, sich in seiner Gemeinde stärker zu engagieren. Voraussetzung dafür war eine Berufstätigkeit mit sozialem Hintergrund. Nach intensiven Gesprächen und der Nutzung Berufsberatung im Erwerbsleben hat der Handwerker zusätzlich eine Ausbildung zum Erzieher absolviert. Solche beruflichen Karrieren sind außergewöhnlich, aber kein Einzelfall, wie Tanja Peters weiß. Die Teamleiterin Berufsberatung im Erwerbsleben am Verbundstandort Paderborn hat schon viele Menschen kennengelernt, mit ihnen über ihre beruflichen Wünsche gesprochen, ihnen Tipps gegeben und mögliche Wege der Orientierung aufgezeigt. „Da gibt es auch die Industriekauffrau, die nach Jahren der Berufstätigkeit noch einmal umsatteln möchte, und die ihre berufliche Zukunft als Yoga-Lehrerin sieht. Wie die individuellen Vorstellungen auch aussehen, für uns ist es wichtig, jede Person individuell zu unterstützen und als neutraler Betrachter Klarheit und damit einen Rahmen für eine Entscheidung zu schaffen. Dabei ist es für uns weniger relevant, Menschen für bestimmte Tätigkeiten zu begeistern, in denen der Arbeitsmarkt besonders aufnahmefähig ist. Es sei denn, das wird ausdrücklich nachgefragt“, beschreibt Tanja Peters, ihre Motivation.
Das Angebot der Agentur für Arbeit gibt es schon länger. Seit Anfang dieses Jahres wird es stärker in den Fokus gerückt, um den Mehrwert für Erwerbstätige noch zu kommunizieren. Es gilt für die gesamte Arbeitsmarktregion, zu der die Stadt Bielefeld, die Kreise Gütersloh, Herford, Minden-Lübbecke, Lippe, Höxter, Holzminden und Paderborn gehören.
„Wir sehen uns als Wegbereiter und Begleiter“
Gesprächs- und Beratungsbedarf haben Menschen verschiedenster Qualifikationen – vom Akademiker, über die Fachkraft bis hin zum Handwerker. Und auch die Altersspanne ist groß, sie reicht von Mitte 20 bis Anfang 60.
Die Gründe für eine Beschäftigung mit dem bisherigen Job sind so unterschiedlich wie die Menschen.
„Zu uns kommen Absolventinnen und Absolventen einer Ausbildung oder eines Studiums, die am Übergang ins Erwerbsleben stehen und beruflichen Orientierungsbedarf haben“, sagt Tanja Peters.
Oftmals seien es jedoch Männer und Frauen, die mitten im Berufsleben stehen und sich noch einmal verändern möchten, weil ihre persönliche Lebenswelt eine andere ist oder sie mit ihrer aktuellen Situation wie zum Beispiel geringen Karrierechancen, nicht zufrieden sind.
Andere handeln proaktiv, weil sie wissen, dass ihr Arbeitsplatz in den nächsten Jahren keine Zukunft mehr hat und sie deshalb ganz konkret an ihrer Attraktivität für eine neue berufliche Herausforderung arbeiten möchten. Auch die Umorientierung aus gesundheitlichen Gründen könne ein Grund für die Nutzung der Berufsberatung im Erwerbsleben sein.
Ein offenes Ohr haben die regionalen Berufsberaterinnen und Berufsberater auch für Wiedereinsteiger in den Beruf, für Menschen mit geringem Berufsabschluss oder auch für Arbeitslose. Eine Weiterbildung mit zusätzlichen Kompetenzen kann helfen, wieder im Job Fuß zu fassen.
Die Paderborner Teamleiterin mag ihre Tätigkeit. Es ist die Vielfalt der Interessenten und ihre individuellen Hintergründe, die sie besonders reizen:
„Jedes Gespräch ist anders, jede Person hat andere Vorstellungen vom Beruf und andere Voraussetzungen. Im gemeinsamen Austausch ein Konzept zu entwickeln, das ist spannend und macht mir sehr viel Freude. Immer stehen der einzelne Mensch und seine Wünsche im Vordergrund. Er muss den Weg selber gehen, wir als Beratende können aufzeigen, wie es gehen kann“, beschreibt Tanja Peters.
Dabei gehe es nie darum, Beschäftigte aus ihren aktuellen Beschäftigungen in den Unternehmen weg zu beraten. Der Weg zum Beratungsgespräch ist unkompliziert und einfach. Neben dem direkten persönlichen Austausch nach individueller Terminabsprache bietet das Team auch telefonische oder Online-Gespräche an. Außerdem sind die Beratenden in der Region an Orten unterwegs, wo sie den Menschen direkt begegnen. Ganz unkompliziert in der Stadtbücherei in Detmold, in diversen Familienzentren im Kreis Gütersloh oder auf dem Paderborner Wochenmarkt. „Wir suchen die Nähe und gehen hin zu den Menschen“, beschreibt Tanja Peters.
Das Angebot kommt an. Mit durchschnittlich etwa 380 Beratungsgesprächen monatlich erreicht die Region einen guten Durchschnitt. Doch Tanja Peters weiß auch, dass viele Berufstätige gar keine Kenntnis von den kostenlosen Beratungsmöglichkeiten haben. Den Gang zur Agentur für Arbeit verbinde man eher damit, wenn man seinen Arbeitsplatz verloren habe.
Ob es tatsächlich nach den Beratungsgesprächen zu einem Berufs- oder Arbeitsplatzwechsel kommt, weiß die Teamleiterin nicht. Es gebe keinen konkreten Zahlen. Manchmal erhalte sie ein Feedback nach einem erfolgreichen Neustart. Und es gebe auch Menschen, die nach zwei oder sogar nach zehn Jahren wieder auf sie zurückkommen und den Wunsch auf einen erneuten Austausch hätten.
Tanja Peters kennt auch Fälle, in denen die Entscheidung für das Verbleiben am aktuellen Arbeitsplatz gefallen ist.
„Und das durchaus mit Zufriedenheit. Die Reflexion und der gegenseitige Austausch haben letztendlich zu diesem Ergebnis geführt beim Erwerbstätigen geführt. Und auch das ist für uns ein befriedigendes Resultat.“
Weitere Informationen: https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/bielefeld/berufsberatung-im-erwerbsleben