CSR und Digitalisierung: „Dem Engagement eine Bühne geben“

Eine Befragung von Unternehmen in der Region zum Thema Unternehmensverantwortung und Digitalisierung zeigt die Wichtigkeit von Corporate Social Responsibility (CSR). Die Studie wurde im Rahmen des Projekts CSR 4.0, das von der Initiative für Beschäftigung OWL(IfB) und der GILDE Wirtschaftsförderung Detmold durchgeführt wird, initiiert. IfB-Projektmanager Jonas Kleinhaus über den Nutzen von CSR.

 

m&w: Warum sehen Sie eine so große Notwendigkeit, die Themen Digitalisierung und CSR noch weiter voranzutreiben?

Jonas Kleinhaus, Projektmanager bei der Initiative für Beschäftigung OWL e.V. (IfB): „Die Digitalisierung bringt mit ihrem alles verändernden Strukturwandel nicht nur Herausforderungen mit, sondern birgt im Hinblick auf CSR auch große Chancen.“

Jonas Kleinhaus: Die kurze Antwort darauf würde in etwa lauten: weil alle dadurch gewinnen. In unserer Region gibt es schon jetzt eine große Bandbreite an Unternehmensbeispielen, die aufzeigt, wie tief der Gedanke des sozialverantwortlichen Unternehmertums hier verankert ist. Aus dieser tiefen Verankerung erwächst aber auch ein Potenzial für noch größeres CSR-Engagement in der gesamten Breite der hiesigen Unternehmenslandschaft. Wir wollen insbesondere den kleinen und mittelständischen Unternehmen dabei helfen, dieses Potenzial für sich zu entdecken und auszuschöpfen. Denn neben verschiedensten Stakeholdern und der Umwelt profitieren von einer CSR-Ausrichtung nicht zuletzt die Unternehmen selbst – zum Beispiel über neue Marktchancen.

Die Digitalisierung bringt mit ihrem alles verändernden Strukturwandel nicht nur Herausforderungen mit, sondern birgt im Hinblick auf CSR auch große Chancen. So gilt es nicht nur diesem Wandel verantwortungsvoll und nachhaltig zu begegnen, sondern ihn auch für sich zu nutzen – durch die Digitalisierung stehen den Unternehmen beispielsweise immer mehr Kommunikationswege zur Verfügung, über die man sein Engagement in die Welt tragen kann.

Wir engagieren uns deshalb kontinuierlich für den Themenkomplex CSR und Digitalisierung, weil wir der Fachkräftesicherung und den Beschäftigten der Region verpflichtet sind. In Unternehmen, die ihren Erfolg nicht nur über finanziellen Gewinn, sondern auch über Nachhaltigkeit und Verantwortung definieren, arbeiten Beschäftigte gerne und lange. Dadurch reduziert sich Fluktuation und die Attraktivität für Fachkräfte, sich langfristig in OWL niederzulassen, steigt. Und da die Zukunft unserer Wirtschaft zunehmend digitaler wird, ist es unsere Überzeugung, dass diese nur dann nachhaltig erfolgreich bleiben kann, wenn sie ihre Beschäftigten in diese Zukunft mitnimmt. Den Umfrage-Ergebnissen war ja bereits zu entnehmen, dass sich viele Betriebe bereits in dieser Verantwortung sehen. Wir möchten sie dabei unterstützen, diese Verantwortung auch umzusetzen.

m&w: Sie haben festgestellt, dass angesichts der Digitalisierung der Bedarf an Weiterbildung für die Beschäftigten wachsen wird. Wo liegen die größten Kompetenzlücken und Qualifizierungsbedarfe?

Jonas Kleinhaus: Jedes Unternehmen in OWL hat ein anderes Geschäftsfeld, aus dem sich naturgemäß ein anderer Bedarf an Kompetenzen für die Optimierung und Digitalisierung seiner Prozesse ergibt. Dort eine alles überragende Kompetenzlücke ausfindig zu machen und zu korrigieren, ist unter Umständen mittelfristig die zielführendste Strategie. Langfristig möchten wir allerdings auf eine strukturelle Problemstellung hinweisen, die wir im Hinblick auf Weiterbildung in der Breite wahrnehmen: Den Beschäftigten adäquate Weiterbildung zukommen zu lassen, ist insbesondere bei Zukunftstechnologien wie künstlicher Intelligenz ressourcenintensiv. Solche Investitionen sind für größere Unternehmen häufig leichter zu stemmen als für kleinere. Zugleich beobachten wir, dass Weiterbildung in der Digitalisierung häufig eine Spitzenförderung der eigenen Leistungsträger bedeutet. Ein Grund dafür kann die erwähnte Investitionshöhe oder der erschwerte Zugang zu Weiterbildung sein. Die Umfrage hat gezeigt, dass dies wohl nicht an einem ausgeprägten Unwillen der Beschäftigten liegt. Für verantwortungsvolle KMU, die alle ihre Mitarbeitenden auf den Weg durch die Digitalisierung mitnehmen möchten, stellt dies ein nicht unerhebliches Problem dar.

m&w: Bei der Kommunikation über ihr gesellschaftliches Engagement legen viele Unternehmen Bescheidenheit an den Tag. Welche weitgehend ungenutzten Möglichkeiten bieten sich an? 

Jonas Kleinhaus: Große ungenutzte Möglichkeiten liegen heute immer noch in den sozialen Medien. Ob das eine oder andere soziale Medium für ein Unternehmen der Königsweg ist, hängt unserer Ansicht nach auch hier maßgeblich von der individuellen Geschäftsstrategie der jeweiligen Unternehmen ab und wo die entsprechenden Stakeholder-Gruppen zu finden sind, welche adressiert werden sollen. Da ist eine grundsätzliche Aufgeschlossenheit und Neugier, in der Außenkommunikation neue Wege zu gehen, sicherlich eine gute Voraussetzung. Für OWL können wir die laufend stattfindenden Austauschformate und Veranstaltungen empfehlen, die wir im Projekt CSR 4.0 anbieten. Auch andere Akteure wie Kammern und Wirtschaftsförderer haben sich dem Thema angenommen. Es gibt reichlich Möglichkeiten, seinem Engagement eine Bühne zu geben oder von anderen zu lernen.

Aus unseren Umfrage-Ergebnissen kann man tatsächlich eine leichte Diskrepanz zwischen dem Enthusiasmus der Unternehmen für CSR und dem Anteil von CSR-Themen in ihrer Online-Kommunikation herauslesen. Das kann man als einen Hinweis auf die erwähnte Bescheidenheit deuten. Wir möchten dafür werben, diese Bescheidenheit etwas fahren zu lassen. Das kann zum Beispiel bedeuten, ab und an noch genauer hinzuschauen: Häufig werden sozialverantwortliche Aktivitäten gar nicht unter dem Label CSR begriffen, gerade weil soziale Verantwortung in vielen Unternehmen ganz selbstverständlich gelebte Praxis ist. Hinzukommt: Potenziale für erfolgreiche CSR-Kommunikation finden sich häufig nicht nur am Ende eines internen CSR-Prozesses oder bei einer etwaigen Prämierung eines Engagements. Auch den Weg zu einem Ziel zu dokumentieren und zu teilen, kann im Sinne einer ganzheitlichen CSR-Kommunikation für ein Unternehmen wertvoll sein.

m&w: In der Digitalisierung steckt großes Potenzial, um die Nachhaltigkeit in den Unternehmen zu forcieren. Wo sehen Sie die Chancen und wie können diese von den Betrieben gehoben werden?

Jonas Kleinhaus: Die Potenziale der Digitalisierung für ein nachhaltiges Wirtschaften sind vielfältig. Unserer Ansicht nach spielt hier das Thema Wissen eine große Rolle. Das fängt ja schon damit an, dass über die neuen Medien reichhaltige Infos über Nachhaltigkeitsthemen schnell verfügbar sind, mit denen man sich einen individuellen Überblick verschaffen kann. Aber auch Austausch mit Kompetenzträgern und Stakeholdern ist über das Internet heute eine Sache von Minuten – auch mit regionalen Akteuren. Zudem bieten zahlreiche Institutionen, von staatlichen Stellen über Branchenverbände und Vereine ihr Know-how im Netz für Interessierte kostenfrei an.

Vorrangig ist aber das Wissen über den Status quo im eigenen Unternehmen ein wichtiger Schlüssel. Als ein Startpunkt für eine durch Digitalisierung gestützte Umweltstrategie im eigenen Unternehmen empfiehlt sich zunächst einmal das Sammeln aller Umweltdaten und diese an einem Ort zu bündeln. Da kann zu Beginn unter Umständen schon ein simples Spreadsheet Abhilfe leisten. So lassen sich blinde Flecken identifizieren, potenzielle Schwachstellen erkennen und darauf aufbauend realistische Umweltziele setzen. Ob das nun das Anpeilen eines bestimmten Umweltzertifikats, die Anschaffung eines Sensors zur Sammlung weiterer Daten oder eines Produktionsgeräts mit einer besseren Schadstoffbilanz ist, die Voraussetzung ist immer eine fundierte Standortbestimmung. Dieses Wissen über den eigenen Verbrauch und Impact zentral verfügbar zu machen, hilft zudem allen Akteurinnen und Akteuren in einem Unternehmen bei der nachhaltigen Entscheidungsfindung. Entsprechende Software kann einem nicht nur beim Sammeln und Verteilen, sondern auch der richtigen Interpretation der Daten helfen.

Gern begegnen einem bei der Recherche dabei schnell „große“ Digitalisierungs-Buzzwords wie Automatisierung, Big Data oder Blockchain. Das klingt für kleinere Unternehmen unter Umständen nach einer gewissen Einstiegshöhe und damit eher nach Zukunftsmusik. Wir möchten hier mögliche Ängste abbauen. Wenn man den Weg einer digitalisierten Umweltstrategie als einen kleinschrittigen Prozess betrachtet, fügen sich diese Großtrends im Kleinen bisweilen ganz natürlich ein. Automatisierung kann zum Beispiel einfach bedeuten, dass ein Gerät seine Umweltdaten automatisch weiterversendet und so einfacher verfügbar macht.

m&w: Können Sie feststellen, dass sich in der aktuellen Pandemie der Blick auf die Themen CSR und Digitalisierung verändert hat?

Jonas Kleinhaus: Mit der Pandemie hat uns eine globale Krise aus der Umwelt dort heimgesucht, wo wir wirtschaften und vieles bedeutend umgekrempelt. Wir sind fest davon überzeugt, dass dieses Ausgeliefertsein gegenüber einer Krise nicht ohne Folgen geblieben sein kann. Es wird bei vielen Unternehmen den Blick auf die Frage geschärft haben, wie man sich in Zukunft widerstandsfähiger aufstellen kann, um etwaige Krisen ähnlichen Ausmaßes besser bewältigen zu können. Verantwortungsvolle Integration digitalisierter Lösungsansätze kann hier ein Weg sein. In unserer Umfrage zeigt sich dies am ehesten noch in der geäußerten Bestrebung der Unternehmen auch in Zukunft weiter auf digitale Kommunikationswege zu setzen. Vieles weist darüber hinaus darauf hin, dass CSR-Engagement Unternehmen dabei helfen kann ihre Resilienz zu stärken. Wir gehen davon aus, dass diese Botschaft bei den Unternehmen der Region gerade in der Pandemie wacher und relevanter ist, denn je. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass die Pandemie das Bewusstsein über andere Krisen gestärkt hat, nicht zuletzt die Klimakrise.

Das Interesse der hiesigen Unternehmen am Themenkomplex CSR ist in der Pandemie im Allgemeinen nicht abgerissen. Im Gegenteil: Die rege Anteilnahme und Mitarbeit der Unternehmen in OWL an den Projekten und (digitalen) Formaten in unserem Projekt CSR 4.0 sind uns da ein starker Beweis. Der erste Lockdown fiel zudem genau in die zweite Bewerbungsphase des CSR-Preis-OWL 2020, der von Initiative für Beschäftigung OWL und GILDE-Wirtschaftsförderung Detmold zweijährlich vergeben wird. Trotz dieses Umstandes gingen nahezu alle Bewerbungen ein und der Preis konnte auch im Pandemiejahr – mit einer Rekordzahl an Bewerbern – vergeben werden.

Die Ergebnisse der Studie stehen unter dem Link https://ifb-owl.de/ergebnisse-der-umfrage-csr-4-0-digitalisierung-und-unternehmensverantwortung-veroeffentlicht/ zum Download bereit.

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