Der Claiminator – „Gesundheit bedeutet die Welt für uns“

Frank van Koten ist Experte für Positionierung und Differenzierung sowie Inhaber der Strategie- und Werbeagentur Grothus van Koten Mittelstandsmarketing aus Paderborn.

Was bedeutet die Welt?

Eine solche Kolumne zu schreiben, ist einfach. Zunächst tippe ich „neuer Claim“ in die Suchmaschine und begrenze die Ergebnisse auf alles, was im letzten Monat veröffentlicht wurde. Anschließend wähle ich einen Claim der aus meiner Sicht gelungen ist oder auch nicht oder einen, den ich kontrovers diskutieren kann. Manchmal stolpere ich bei der Recherche über Plattitüden, Weisheiten („Eine Stadt kann keine Marke sein und hat zu viele Facetten für einen Claim.“ – OB der Stadt Karlsruhe, Frank Mentrup) oder Formulierungen, die alles sind, aber kein Claim. Jetzt kam eine neue Stolper-Kategorie hinzu: Das Rätsel.

Engelhard Arzneimittel

Es ist der neue Claim eines mittelständischen Arzneimittelherstellers, der mich straucheln ließ: „Gesundheit bedeutet die Welt für uns“. Lasse ich Präposition und Pronomen außen vor, dann lese ich: „Gesundheit bedeutet die Welt.“ oder anders herum: „Die Welt bedeutet Gesundheit.“ Die Weltgesundheitsorganisation beschreibt Gesundheit aber als „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens […].“ Wie können sich Definitionen, für ein und denselben Begriff, so markant unterscheiden? Ich recherchierte erneut: Wenn Menschen Außergewöhnliches leisten und dafür geehrt werden, sagen einige: „Dieser Preis bedeutet die Welt für mich.“
Jetzt bemerkte ich, wie der Groschen sich auf den Weg machte, zu fallen. „Einerseits ja, andererseits irgendwie auch wieder nicht.“ Gesundheit bedeutet also „das Größte“ für die Verantwortlichen bei Engelhard Arzneimittel und eine Form der Reaktion auf erbrachte, außergewöhnliche Leistungen. So weit, so nachvollziehbar! Lieber Leser, sehen Sie mir meine Begriffsstutzigkeit nach. Dem gebürtigen Ostwestfalen sind derlei Superlative fremd und müssen daher zunächst hergeleitet werden.
Mit sechs Wörtern ist der Claim einerseits nicht zu lang, andererseits irgendwie doch, da keine besonderen Stilmittel verwendet wurden, die ihn prägnant machen. Die Verwendung einer, vor allem auch international, gebräuchlichen Aussage, spricht einerseits für die Merkfähigkeit des Claims, andererseits irgendwie auch nicht, wenn Adressaten, wie ich, erst recherchieren müssen. Die Fokussierung eines Arzneimittelherstellers auf die Gesundheit ist einerseits selbstverständlich, andererseits irgendwie auch wieder nicht, wenn Sie den Diskussionen der letzten Monate folgen.

Bewertung:

Inhalt:  ***      Form / Kreativität:   ***      Zweck:  **                  

Kontext
In dieser Kolumne analysiert und bewertet Frank van Koten Claims und Slogans. Ein Claim wird, wie das Logo oder Farben, ins Unternehmensdesign integriert und erhält dadurch eine längerfristige, strategische Bedeutung. Der Slogan dagegen bezeichnet eine Aussage, die auf den eher kurzfristigen Einsatz ausgelegt ist. Er dient dazu, Kampagnen für Produkte oder Events zu bewerben. Die Kunst besteht darin in etwa zwei bis sechs Worten zu beschreiben: „Wofür steht das Unternehmen?“ Welche Persönlichkeit, Philosophie und Positionierung zeichnen es aus? www.claiminator.de
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