Klaus Ehling, Vorstand Münsterland e.V., über das Zukunftskonzept für die Region.
M&W: Was verstehen Sie unter einer guten Zukunft für Ihre Region?
Klaus Ehling: Unsere Vision für die künftige Entwicklung des Münsterlands: Mit Innovation und dynamischer Wirtschaftskraft DAS GUTE LEBEN in der Stadt und auf dem Land gestalten, Vorreiter in der nachhaltigen Transformation werden, Fachkräfte gewinnen und halten und dafür eine hervorragende Willkommenskultur bieten. Im Schulterschluss mit Münster als Oberzentrum und den vielen Mittelzentren wird der ländliche Raum dabei zum neuen, gemeinsam gestalteten Zukunftsraum. Die Wirtschaftsregion Münsterland will ihre Gemeinden und Städte mit innovativen Projektansätzen befähigen, eine gute Heimat zum Wohnen und Arbeiten für alle zu sein – egal ob junge Familien, Fachkräfte oder Unternehmerinnen und Unternehmer.
M&W: Welche Zukunftspotentiale hat Ihr Standort?
Klaus Ehling: Die Potentiale im Münsterland sind riesig. Es gibt starke Kompetenzen im Bereich Batteriezellforschung und Digitalisierung, der Wissens- und Technologietransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft wird zukünftig immer weiter zunehmen. Das stärkt auch die Innovationsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen. Große Chancen bieten auch die Revitalisierung von Konversionsflächen und das starke Wachstum wissensintensiver Industrien und Dienstleistungen. Auch landwirtschaftliche Flächen halten Potenziale bereit für den Ausbau erneuerbarer Energien und die Schaffung einer dezentralen Energieversorgung. Durch Kompetenzen in den Bereichen Werkstoffe, Materialien und Oberflächen, aber auch in den Bereichen Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz sind im Münsterland zudem wichtige Voraussetzungen gegeben, um sich beim Thema Kreislaufwirtschaft als Musterregion zu positionieren.
M&W: Zukunft ist ein dynamischer Prozess: Wie haben sich die Herausforderungen / Aufgaben im Vergleich vor etwa 20 Jahren und heute verändert?
Klaus Ehling: Das Wirtschaftsmodell der vergangenen 20 Jahren hat den Wohlstand gesteigert und zudem die globale Vernetzung der Märkte intensiviert. Die neue Herausforderung für die globale und damit auch die regionale Wirtschaft ist nicht weniger als die vollständige Transformation zu einem nachhaltigen und digitalen Wirtschaftsmodell. Diese sogenannte „Dual Transition“ ist existenziell, denn ohne eine klimafreundliche und eine digitale Produktivitätssteigerung lassen sich die Herausforderungen der Zukunft nicht bewältigen. Unternehmen im Münsterland haben das erkannt und setzen die Transformation mit großem Einsatz um. Es gibt aber noch einiges zu tun. Diese Transformation zu gestalten ist die Aufgabe unseres Jahrzehnts.
M&W: Wie sieht das spezifische Anforderungsprofil für Ihre Region aus? Wo liegen heute die größten Herausforderungen?
Klaus Ehling: Das Münsterland hat in einem gemeinsamen Strategieprozess wichtige Themen für die Zukunft erarbeitet und daraus zentrale Handlungsfelder und Entwicklungsziele abgeleitet. Diese profilschärfend weiterzuentwickeln und zu einem Markenzeichen für das Münsterland zu machen, ist sicherlich eine der größten Herausforderungen. Zu den Handlungsfeldern, aus denen konkrete Ziele abgeleitet werden, zählen Innovation und Digitalisierung, Gründung und Unternehmensnachfolge, die Ökologische Transformation sowie das Regionalmarketing und die Fachkräftegewinnung. Beispiel Innovation: Hier gilt es etwa, Unternehmen bei ihrem Spagat zwischen Tagesgeschäft und vorausschauendem Innovationsmanagement zu unterstützen und relevante Innovations- und Technologiethemen frühzeitig zu identifizieren.Im Bereich Fachkräftegewinnung ist Wohnen und Arbeiten im Münsterland – DAS GUTE LEBEN zwischen Stadt und Land – zukünftig noch intensiver mit der Region als starker Wirtschafts- und Innovationsstandort zu verknüpfen.
M&W: Mit welchen Konzepten / Ideen gehen Sie diese an, um Ihren Standort weiter nach vorne zu bringen – was ist Ihr Ziel?
Klaus Ehling: Bleiben wir beim Beispiel Innovation und Digitalisierung: Hier ist es wichtig, Unternehmen bei Kooperationen mit anderen Unternehmen und Wissenschaftsakteuren zu unterstützen und Innovationsakteure auf regionaler Ebene effizient zu vernetzen. Am Ende entsteht optimalerweise eine breit vernetzte regionale Innovationsförderung, basierend auf einem gewachsenen Vertrauensverhältnis in der interregionalen Zusammenarbeit. Im Bereich Fachkräftegewinnung setzt der Service Onboarding@Münsterland an. Er macht das Münsterland als attraktive Arbeits- und Lebensregion wahrnehmbar und unterstützt nationale wie internationale Fachkräfte beim Ankommen und Hierbleiben in der Region. Dazu gehört ein starkes Arbeitgeber-Netzwerk, bestehend aus regionalen Unternehmen, die gemeinsam Fachkräfte willkommen heißen. Alle Handlungsfelder berücksichtigend, ist so das Ziel ein stabiler Wirtschaftsraum, der geprägt ist von einer starken mittelständischen Wirtschaft mit genügend Fachkräften, von innovativen Unternehmen, die sich digital aufstellen, von einer marktfähigen ökologischen Transformation und von einer effektiven und konsistenten Kommunikation unter dem Dach der Marke Münsterland. Schlüssel, um diese Entwicklung zu erreichen, ist die verstärkte münsterlandweite Zusammenarbeit in unterschiedlichen Projekten und Maßnahmen, die den Standort stärken. Die starke Verzahnung der wissenschaftlich und wirtschaftlich Handelnden sowie der für die Standort- und Regionalentwicklung relevanten Akteure ist dabei essenziell.
M&W: Wie stellen Sie fest, wie erfolgreich Ihre Bemühungen sind?
Klaus Ehling: Der Münsterland e.V. hat im Jahr 2017 einen Markenbildungsprozess gestartet, der die hohe Lebensqualität der Region in den Fokus stellt und dem Begriff Münsterland mehr emotionale Bedeutung geben soll. Diese soll das Münsterland stärken, um im Wettbewerb der Regionen um Fachkräfte, Gründerinnen und Gründer, Talente, Investoren, (Neu-)Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste zu bestehen. Die Maßnahmen der Marke Münsterland werden regelmäßig evaluiert. In der begleitenden Marktforschung bestätigen die Menschen, dass das Münsterland eine hohe Lebensqualität aufweist. Hier wollen die Einwohnerinnen und Einwohner auch in Zukunft bleiben. Das ist die wichtigste Basis für eine erfolgreiche Regionalentwicklung – auch als Wirtschaftsstandort. Zudem sehen, wir, dass aus unseren Projekten und Veranstaltungen langfristige Netzwerke und vertrauensvolle Kooperationen entstehen. Daran erkennen wir, dass regionale Zusammenarbeit einen Mehrwert für die Beteiligten darstellt.
Daneben liefern auch allgemeine Statistiken wie die seit Jahrzehnten niedrige Arbeitslosenquote oder die positive demografische Entwicklung wichtige Daten, um unsere Bemühungen zu evaluieren. Auch die Ergebnisse des „Prognos Zukunftsatlas“ oder des „Glücksatlas“ zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind – verglichen mit allen Regionen Deutschlands sind die Menschen im Münsterland immerhin schon jetzt die glücklichsten.
M&W: Wenn Sie einen Wunsch äußern dürften, wie würde der aussehen?
Klaus Ehling: Zuallererst der Wunsch nach Frieden und die Bewältigung des Klimawandels. So möchten wir für nachfolgende Generationen die Lebensqualität erhalten und DAS GUTE LEBEN für möglichst viele heute und morgen in der Region ermöglichen.
M&W: Ein Blick in die Zukunft: Wie sehen Sie Ihren Standort in zehn Jahren?
Klaus Ehling: Als eine attraktive Region zum Leben und Arbeiten mit erfolgreichen, international agierenden Unternehmen, darunter frische Startups ebenso wie traditionsreiche Familienunternehmen. Als naturverbundenen Vorzeigestandort mit innovativen Ideen in den Bereichen Erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Als Top-Adresse im Bereich der Batterieforschung und des Transfers zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Das Münsterland als Heimat für Fachkräfte aus aller Welt, die von der herzlichen Willkommenskultur und der hiesigen Lebensqualität schwärmen.