Das Paderborner Startup Flocess entwickelt eine spezielle Software, um den Einsatz von Wärmetauschern zu optimieren. Dr.-Ing. Mark Piper, einer der Geschäftsführer des Gründer-Trios, über die Besonderheiten des Geschäftsmodells und der Blick auf internationale Märkte.
Herr Piper, skizzieren Sie Ihre Geschäftsidee?
Mark Piper: Flocess entwickelt eine moderne Webapplikation für die zuverlässige, optimale und vollautomatisierte Auslegung von innovativen Wärmeübertragern, sogenannten „Pillow-Plate Heat Exchanger“ (PPHX). Wärmeübertrager sind Schlüsselkomponenten bei der Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz von thermischen Prozessen zum Beispiel in der Chemie-, Pharma-, Energie- und Lebensmittel-Industrie. Dabei sind PPHX besonders vorteilhaft. Im Gegensatz zu konventionellen Apparaten, können PPHX nicht richtig berechnet bzw. ausgelegt werden. Das soll heißen, dass eine unzuverlässige Berechnung zu einem unsicheren Apparat führt, der die gewünschte Leistung nicht bringt oder aber auch viel zu groß und teuer wird. Mit unserer Software lösen wir dieses Problem. Unsere detaillierten Berechnungsmethoden basieren auf vielen Jahren intensiver Forschung und Entwicklung. Entstanden ist diese Idee während der Promotion am Lehrstuhl für Fluidverfahrenstechnik bei Professor Eugeny Kenig an der Universität Paderborn.
Welche Lösungsmöglichkeiten bieten Sie und wo liegt der Nutzen?
Mark Piper: Pillow-Plate Heat Exchanger werden heutzutage viel zu groß ausgelegt. Unsere Software ist in der Lage, Anwendern für ihre Prozesse diese innovativen Apparate erstmalig zeit- und kosteneffizient sowie zuverlässig und akkurat zu berechnen. Zudem war es lange nicht möglich das Potential dieser Apparate gegenüber herkömmlichen Lösungen abzuschätzen und so diese innovative Technologie einzusetzen. Auch dieses Problem wird durch unsere Software gelöst. Ein wichtiger Aspekt der kontinuierlichen Weiterentwicklung unseres Produktes sind moderne computergestützte Strömungssimulationen, sogenannte Computational Fluid Dynamics (CFD). Wir setzen hier unsere Expertise im Bereich der CFD gezielt ein, um das Entwicklungstempo unserer Berechnungsmethoden zu erhöhen sowie den Anwendungsbereich der Software zu vergrößern. Damit garantieren wir unseren Kunden das aktuellste und zuverlässigste Produkt. Darüber hinaus können wir mit der CFD auch Unternehmen aus anderen Branchen effektiv bei deren Produktentwicklung unterstützen.
Was bedeutet für Sie Innovation?
Mark Piper: Wir sind Ingenieure und wir lieben Technik. Innovation bedeutet für uns Leidenschaft für technologischen Fortschritt. Das heißt, intelligente Lösungen zu entwickeln, welche einen wahren wirtschaftlichen und technologischen Vorsprung für unsere Kunden bedeuten, aber ohne dabei den Blick auf Energie- und Ressourceneffizienz zu verlieren.
Hatten Sie Probleme bei der Finanzierung?
Mark Piper: Wir hatten großes Glück, denn wir konnten durch die Unterstützung des Paderborner Technologietransfer- und Existenzgründungs-Center (TecUP) als erstes Gründerteam der Universität Paderborn das hochdotierte Förderprogramm „START-UP-Hochschul-Ausgründungen NRW“ bekommen. Dank dieser Förderung konnten wir unser Produkt, welches in der Entwicklung zeit- und kostenintensiv ist, erfolgreich voranbringen. Zudem standen uns die Coaches von TecUP mit Rat und Tat in Sachen Gründung zur Seite. Darüber hinaus konnten wir aus den Fördermitteln zwei externe Coaches engagieren, die uns bei steuerrechtlichen sowie technischen Fragestellungen unterstützten.
Falls Sie schon mit Kooperationspartnern zusammenarbeiten, wie funktioniert die Kooperation?
Mark Piper: Bereits während der Promotion wurden die ersten Kontakte zu potentiellen Kooperationspartnern geknüpft, mit denen wir tatsächlich heute in konkreten Gesprächen sind. Das ist häufig der Vorteil der Gründung aus der Wissenschaft in die Wirtschaft. Durch das Feedback unserer Pilotkunden gewinnen wir kontinuierlich neue Informationen für die Verbesserung unseres Produkts. Dabei sind die Ziele der Kooperation oft unterschiedlich. Während zum Beispiel der eine Wärmeübertrager-Hersteller unsere Software lieber selbst intern nutzt, möchte der andere das Engineering an uns auslagern, um sich stärker auf die Produktion zu fokussieren. Ganz interessant ist aber auch die Tatsache, dass immer mehr unserer potentiellen Kunden aus dem europäischen sowie ferneren Ausland kommen. Das freut uns sehr und ist gleichzeitig ein super Start in die Internationalisierung.
Sind Sie mit der bisherigen Entwicklung zufrieden – und was war für Ihr Unternehmen bisher der größte Erfolg?
Mark Piper: Ja, sehr sogar. Unser Messebesuch im Juni 2018 bei der ACHEMA in Frankfurt, die weltweit größte Messe der Prozessindustrie, hat unsere Marktanalyse nicht nur bestätigt, sondern sogar übertroffen. Wir hatten viele aufschlussreiche Gespräche mit Interessenten aus aller Welt. Das hat uns sehr motiviert und gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Wo geht die Reise hin und was werden Ihre größten Herausforderungen in den nächsten zwölf Monaten voraussichtlich sein?
Mark Piper: Das Jahr 2019 wird einen wichtigen Meilenstein darstellen, Adrenalinkick inklusive. Wir werden die erste Version unserer Webapplikation auf den Markt bringen und viel Energie in Weiterentwicklung, Vertrieb und Marketing stecken. Die große Herausforderung ist dabei, den wirtschaftlichen Erfolg so zu steigern, dass wir das Team schnellstmöglich vergrößern können, denn wir sehen noch viele weitere Einsatzmöglichkeiten für Pillow-Plate Heat Exchanger und wollen unsere Software natürlich auch für diese Applikationen erweitern. Wir sind da ganz optimistisch.