Hinterland of Things: Frische Ideen im Gepäck

Auf der „Hinterland-Stage“: Startups und etablierte Unternehmen diskutierten über verschiedenen Themen, wie Sebastian Borek, Geschäftsführer der Founders Foundation und Initiator der Hinterland of Things.

Zum dritten Mal lud die Founders Foundation zur Hinterland of Things ein. Nicht nur Unternehmer und Startups aus der Region kamen in den Lokschuppen. Viele Interessierte aus ganz Deutschland und dem Ausland waren nach Bielefeld gekommen, um auf sich aufmerksam zu machen, Kontakte zu knüpfen und Aufträge zu generieren. Am Ende gab es viel Lob für die professionelle Organisation.

Andreas Zurwehme ist aus Brandenburg angereist. Er kennt Ostwestfalen-Lippe, ist, wie er selbst sagt, in seine alte Heimat auf Stippvisite, um zu sehen, was die Gründerszene hier in der Region macht. Nach vielen beruflichen Stationen weltweit hat er in Henningsdorf das Startup eRockit gegründet – Geschäftsmodell E-Motorräder. Der gebürtige Höxteraner hat sogar einige mitgebracht, sie parken direkt vor dem Lokschuppen in Bielefeld – der Ort, an dem die dritte Hinterland of Things stattfindet.

„Ostwestfalen-Lippe ist eine starke Region, ein erfolgreicher Hotspot – der Rest der Republik hat das noch nicht wirklich begriffen“, sagt der erfahrene Unternehmer, der hier ist, um Inspirationen und Kontakte mitzunehmen.

 

Gespräche, Inspiration und tolles Ambiente: Junge und etablierte Unternehmer sind in den Lokschuppen gekommen, um Kontakte zu knüpfen.

So wie Andreas Zurwehme sind mehrere Hundert Menschen in das Gebäude gekommen. Einige von ihnen haben frische Ideen mitgebracht, sie möchten das Umfeld nutzen und auf sich aufmerksam machen. Andere, etablierte Unternehmensvertreter haben gute Kontakte, Ratschläge und Tipps und vielleicht Aufträge im „Gepäck“. Hier im Lokschuppen treffen sich bereits zum dritten Mal etablierte Mittelständler, teils Weltmarktführer, und eine kreative und vitale Gründerszene. Sie wissen dieses in den letzten Jahren in der Region entstandene Netzwerk zu schätzen. Hier stecken junge und etablierte Unternehmen die Köpfe zusammen, kooperieren gemeinsam, Startups lösen Probleme für Mittelständler, die wiederum geben Tipps und Geld. Eine fruchtbare Symbiose. Die jetzt wieder stattfindende Hinterland of Things ist das alljährliche Highlight. Da verwundert es wenig, das in dem alten Gebäude viele bekannte Gesichter der Wirtschaft zu sehen sind: Für Unternehmen wie Miele, Dr. Oetker und Dr. Wolff ist die Präsenz hier ein Pflichttermin. Sie sind mit der Startup-Szene bereits sehr eng vernetzt, sie waren die Ersten, die sich im Dunstkreis der Founders Foundation eingefunden haben. Einige von ihnen haben sich zur Hinterland-Allianz zusammengeschlossen mit dem Ziel, von Startups zu lernen. Dr. Albert Christmann, persönlich haftender Gesellschafter der Dr. August Oetker KG, ist einer von ihnen, der die Zeichen der Zeit schon länger erkannt und die entscheidenden Schlussfolgerungen gezogen hat. So tüfteln zum Beispiel seit einiger Zeit gut 100 Leute in der Oetker Digitaleinheit in Berlin an neuen Geschäftsmodellen. Parallel besteht ein intensiver Kontakt in die Bielefelder Gründerszene. Der Chef der Oetker-Gruppe plädiert auch auf der „Hinterland“ für die Digitalisierung, die die Voraussetzungen schaffe, um Verbraucherbedürfnisse schnellstmöglich zu befriedigen. Wer hier die Nase vorn habe, werde letztendlich gewinnen.

Um diese Aufgaben zu stemmen, geht Oetker immer wieder auch Partnerschaften ein. Ziel sei es, weitere Kompetenzen zusammenzubringen. „Ohne Transparenz und Offenheit geht es jedoch nicht“, sagt Dr. Christmann, der weiß, dass noch einiges zu tun ist: „Wir sind bisher produktgetrieben gewachsen. In digitalen Themen müssen wir noch schneller skalieren“, beschreibt der Unternehmer die Herausforderung. Heute komme es darauf an, mit Service zu punkten und auf Plattformen zu setzen. Wobei es eine besondere Kunst sei, beides miteinander zu verknüpfen.

Mit frischen Ideen sind auch nicht wenige Startups – einige aus Berlin – gekommen.

Die Motivation, trotz ganz unterschiedlicher Produkte und Lösungen – ist bei allen die gleiche: Die Region und der starke Mittelstand reizt die jungen Gründer. Hier sehen sie gutes Potenzial für ihre Lösungen. Nikolai Skatchkov ist einer dieser Gründer, der von Berlin nach Bielefeld gereist ist. Vor drei Jahren hat er das Startup Circula gegründet. Seine Geschäftsidee: die komplette Digitalisierung der Reisekostenabrechnung.

„Die Wirtschaft in der Region ist sehr stark. Unser Produkt zielt direkt auf den Mittelstand. Deshalb suchen wir hier seine Nähe. Erste Gespräche gab es bereits“, zieht Skatchkov eine positive Bilanz.

Das gilt auch für das Veranstaltungsformat selbst. „Ich bin total begeistert. Das ist die beste Konferenz, an der ich bisher teilgenommen habe. Die Atmosphäre und die hohe Professionalität gefallen mir. Hier ist es nicht zu steif, aber auch nicht zu oberflächlich.
Für Stefan Berntheisel, Gründer des ebenfalls in Berlin ansässigen Startups StackFuel, ist die Reise nach Bielefeld ein Muss. Auch er, dessen Unternehmen Data-Skills in Online-Trainings vermittelt, möchte den Mittelstand mit seinen Lösungen begeistern und er weiß, dass es hier viele interessante Unternehmen gibt, die Mitarbeiter mit Datenkompetenz händeringend suchen.  „Viele Unternehmen haben smarte Mitarbeiter, denen es vielleicht nur an der Datenkompetenz mangelt. Berufsbegleitend mit Hilfe von Online-Trainings vermitteln wir Wissen in allen relevanten Datentechnologien“, sagt der Gründer.

Vom Format begeistert: Jörg und Kay Schneider loben die Professionalität der Hinterland of Things.

Auf Stippvisite in der Heimat sind auch die beiden Brüder Jörg und Kay Schneider, die die Region vor 15 Jahren verlassen und ihre Zelte mangels idealer Rahmenbedingungen in Hamburg aufgeschlagen haben. Die Hinterland of Things überzeugt sie.

„Das ist ein internationales Format, das an Veranstaltungen in Barcelona oder London heranreicht“, bescheinigt Kay Schneider, Gründer von KaySchneider Ventures, den Machern der „Hinterland“ eine hervorragende Arbeit.

Auch die hiesige Startup-Szene begeistert die Brüder. Viele Startups hätten herausragende Geschäftsideen und schlaue Lösungen entwickelt. Die Aktivitäten der Founders Foundation seien klasse. Gründer hätten zum Starten einen sehr guten Nährboden in der Region. „Ist diese Phase geschafft, dann sieht es jedoch leider nicht so rosig aus“, sagt Gründer und Investor Jörg Schneider. „Für junge Gründer ist es schwer, mit dem Mittelstand zu kooperieren, geschweige denn hier Fuß zu fassen und zu wachsen. Die Ablehnung ist groß“, weiß Schneider. Mit dem finalen Engagement, der Unterstützung in der weiteren Entwicklung sei es nicht zum Besten bestellt. Auch hinsichtlich der Finanzierung sehen die beiden Brüder Potential nach oben. Große Unternehmen halten sich eher zurück, Investoren seien Venture Capital Fonds oder Privatbanken.

Natürlich haben die Schneider-Brüder auch festgestellt, dass sich hier viele größere, namhafte Unternehmen in der Startup-Szene engagieren. „Das geschieht jedoch in erster Linie aus Prestige-Gründen. Dass ein Mittelständler zum Kunden und Anwender einer Lösung wird, ist eher die Ausnahme. Meist bleibt es beim Fördern. Die großen Unternehmen müssen mit einer Mission an die Startups herantreten. Wenn sich hier nichts verändert, dann darf man sich nicht wundern, wenn tolle Startups ihre Koffer packen und die Region verlassen“, prognostiziert Jörg Schneider. Der überzeugt ist, dass es noch einige Zeit dauern werde, bis Startups von hier aus ihr Wachstum vorantreiben könnten. „Es sei denn, der Leidensdruck der Etablierten wächst – dann könnte sich das Blatt wenden und die Region vielleicht zum Silicon Valley werden. Wir haben die Region im Blick, es fehlt noch an Dynamik, aber es geschieht mittlerweile sehr viel“, so die beiden Macher. In zwei Jahren planen sie eine Dependance in der Region zu eröffnen und Startups zu gründen. Sie kommen also wieder zurück zu den Wurzeln in die Heimat.

Urheber: Alle Fotos mawi 2020

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