Konjunkturumfrage:  Anhaltend schwierige Lage – weitere Belastungen vermeiden

Das vergangene Jahr hat etliche Betriebe der Region an den Rand ihrer Belastungsgrenzen gebracht: In der jährlichen Konjunkturumfrage des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte beklagte die Mehrheit einen Einbruch der Aufträge und damit einhergehend schlechte Geschäfte und Erträge. Auch die Erwartungen an das neue Jahr sind sehr verhalten. Insgesamt befindet sich die Stimmung der heimischen Unternehmen auf einem neuen Tiefpunkt seit der Finanzkrise 2008/2009.

Egbert Neuhaus, Vorsitzender des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte

Egbert Neuhaus, Vorsitzender des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte: „Die Ergebnisse unserer regelmäßigen Corona-Umfragen von April bis Oktober letzten Jahres deuteten diese besorgniserregende Lage bereits an. Derzeit befindet sich die heimische Industrie in einer anhaltend schlechten wirtschaftlichen Verfassung.“

Besorgniserregende wirtschaftlich Lage

Aktuell bewerten 40 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als schlecht, nur noch 40 Prozent sind zufrieden, fast kein Betrieb rechnet für die kommenden sechs Monat mit einer Besserung. Vergleichbar sind die Angaben zur aktuellen Auftragslage: Auch hier melden 40 Prozent der Unternehmen eine schlechte Auftragslage aus dem Inland, über schlechte Auslandsgeschäfte berichten sogar 50 Prozent. Jeweils rund 80 Prozent gehen davon aus, dass sich die Situation der Märkte in absehbarer Zeit auch nicht verbessern wird.

Entwicklung der letzten Monate

„Diese Einbrüche führt die überwiegende Mehrheit, knapp 90 Prozent, der Unternehmen auf die Corona-Krise zurück. Und die traf die Betriebe in einer ohnehin schon schwierigen Situation, denn schon zu Beginn des Jahres 2020 planten etliche Unternehmen mit Kurzarbeit, weil die Aufträge ausblieben“, so Neuhaus. Und tatsächlich nahm die Krise innerhalb sehr kurzer Zeit Fahrt auf, wie die Umfragereihe zu den Auswirkungen der Pandemie in NRW zeigte. Bereits im April gaben 80 Prozent der teilnehmenden Unternehmen an, in ihrer Produktion eingeschränkt zu sein, weil die erhoffte Nachfrage ausblieb. Knapp die Hälfte setzte auf Kurzarbeit. Bis Mai stiegen alle Werte weiter an. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 90 Prozent der Unternehmen von Produktionseinschränkungen betroffen. Bemerkbar machte sich im Mai auch, dass die Lieferketten massiv gestört waren und dringend benötigte Teile oder Material fehlten. Das bewirkte einen heftigen Absturz der Umsätze: Fast 80 Prozent der Unternehmen erwarteten im Mai einen Umsatzrückgang, der Großteil zwischen 20 und 30 Prozent, einige aber auch um 50 Prozent und mehr. Der Anteil der Betriebe, die Kurzarbeit nutzten stieg auf 65 Prozent. Nur wenige Unternehmen rechneten zu dem Zeitpunkt mit einer baldigen Verbesserung der Lage.

Investitionsbereitschaft

 Neuhaus: „Und bei dieser Einschätzung ist es auch geblieben. Jeweils rund 40 Prozent der Betriebe, die sich an der Konjunkturumfrage beteiligt haben, gaben an, dass sie frühestens zur Mitte bzw. erst zum Ende des Jahres mit einer Erholung der derzeitigen Lage rechnet. Diese negativen Prognosen wirken sich auf die Investitionsbereitschaft aus: 70 Prozent der heimischen Unternehmen werden in 2021 weniger im In- und Ausland investieren. Den Betrieben fehlt für Investitionen das nötige Kapital. Das wurde in den vergangenen Monaten massiv dazu eingesetzt, fehlende Erträge zu kompensieren und die Unternehmen zu sichern.“

 

Beschäftigung – Kurzarbeit – Ausbildung

Das Thema Kurzarbeit wird auch in der kommenden Zeit eine große Rolle für die Unternehmen und die Beschäftigten spielen. Die Agenturen für Arbeit vermerken seit Ende des letzten Jahres, bedingt durch die Einschränkungen, eine erneute Zunahme der Anzeigen zur Kurzarbeit. Im November 2020 sind für den Agenturbezirk Hochsauerlandkreis und Kreis Soest 587 Anzeigen für 6.366 potentiell betroffene Beschäftige eingegangen. Seit Beginn der Pandemie haben im Agenturbezirk Hamm/Kreis Unna insgesamt über 6000 Betriebe für über 98.000 Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet. Neuhaus: „Obwohl die Zahlen zur Kurzarbeit unbekannte Dimensionen angenommen haben, zeigt sich doch die Wirksamkeit dieses Kriseninstruments. Die Betriebe setzen auf Kurzarbeit, um ihre Stammbelegschaften zu halten. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sie nach der Krise schnell wieder in die volle Produktion einsteigen und eingehende Aufträge bearbeiten können. Für die langfristige Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit ist es wichtig, dass die Unternehmen Fachkräfte beschäftigen können. Dieses Instrument ist umso bedeutender, da die Kurzarbeit bedingt durch den zweiten Lockdown weiter ansteigen wird.“
Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen hat trotz der schwierigen Lage nicht wesentlich nachgelassen. Immerhin planen 70 Prozent das Ausbildungsplatzangebot beizubehalten, obwohl es immer noch schwierig ist, die freien Plätze zu besetzen. In den Unternehmen besteht aber die Hoffnung, dass sich die potentiellen Auszubildenden in absehbarer Zeit für einen der freien Plätze interessieren und eine Ausbildung in der heimischen Industrie absolvieren.“

Egbert Neuhaus: „Zwar konnte das dritte Quartal 2020 den dramatischen wirtschaftlichen Einbruch etwas abfedern, aber der Mehrheit der Unternehmen bleibt am Ende des Jahres ein dickes Minus. Bislang ist es den meisten Betrieben gelungen, ihre Existenz zu sichern und die Beschäftigten zu halten – eine bemerkenswerte Leistung, die nur durch große Kraftanstrengungen bewältigt werden konnte. Allerdings werden weitere Belastungen durch steigende Energie- und Arbeitskosten fatale Folgen haben. In dieser Situation eine Entgeltforderung von vier Prozent in den Raum zu werfen ist, von der IG Metall schlicht und einfach unverständlich. Eine auch nur annähernde Umsetzung dieses Forderungsvolumens wird viele Arbeitsplätze kosten, weil etliche Unternehmen ihr Limit erreicht haben. Das sollte sich die Gewerkschaft in den weiteren Verhandlungsrunden bewusstmachen.“

Beitragsbild: Pixabay

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