KUTENO 2020: Circular Economy

„Die neue Leidenschaft der Ingenieurwelt“

Dipl.-Ing. Klaus Meyer ist mit seinem Netzwerk Energie Impuls OWL Konsortialführer des Projekts CirQuality OWL, in dem sich sieben Partner zusammengeschlossen haben. Das Netzwerk ist auch auf der diesjährigen KUTENO Kunststofftechnik vertreten. Im Interview erläutert er die Chancen der Circular Economy für Produktionsstandorte.

Herr Meyer, was hat sich seit unserem Bericht im Sommer letzten Jahres getan in der Circular Economy?

Dipl.-Ing. Klaus Meyer, Geschäftsführer Energie Impuls OWL und Vorstandsmitglied des VDI OWL

Klaus Meyer: Die Resonanz des Themas hat uns erneut überrascht, denn mittlerweile fällt der Ansatz doch bei vielen Verbänden und Unternehmen auf sehr viel Interesse. Mehr noch, der VDMA, der VCI (Verband der Chemie Industrie), Kunststoffland NRW / Fraunhofer Umsicht und viele andere starten sogar eigene Aktivitäten, um möglichst schnell in abfallfreie Produktzyklen einzusteigen. Denn die ersten internationalen Unternehmen erwarten das zeitnah von ihren Zulieferern.

Spielt die gesellschaftliche Diskussion, wie zum Beispiel Fridays for Future, eine Rolle?

Klaus Meyer: Die gesellschaftliche Diskussion gibt mächtig Rückenwind: Klimaschutzziele, Vermüllung von Meeren und Umwelt, Fridays for Future und der umstrittene Abbau der letzten Rohstoffquellen unter schwierigen technischen wie politischen Bedingungen. Gerade junge Menschen zeigen wieder vermehrt Interesse, sich mit der Wahl zum Beispiel eines technischen Berufs, für die Realisierung einer besseren Welt einzubringen.

Was ist denn konkret passiert?

Klaus Meyer: Sowohl auf der letzten Hannover Messe Industrie als auch auf der Kunststoffmesse KUTENO kam das Thema sehr gut an, und zwar bei den Fachleuten aus Produktion und Vertrieb. Das ist wichtig, denn mit der Circular Economy geht es ja nicht um ein weiteres Umweltthema, sondern um die Zukunftssicherung der Produktion im Kern. Und in unseren Workshops hier in OWL, zum Beispiel mit der IHK Lippe, sehen die Ingenieurinnen und Ingenieure durchaus die ungelösten Probleme bei den sehr komplexen Werkstoffen beispielsweise in der Elektroindustrie, sind aber mutig genug, sich zukünftige Lösungen zuzutrauen.

Was macht der Verein deutscher Ingenieure VDI dazu?

Klaus Meyer: Man kann sagen, die Circular Economy ist die neue Leidenschaft der Ingenieurinnen und Ingenieure. Auf Initiative der Vdi-Aktivitäten in OWL und NRW hat der VDI bundesweit die „Zirkuläre Wertschöpfung“ zum gemeinsamen Thema gewählt, dahinter steht nun die Kompetenz von 150.000 Ingenieurinnen und Ingenieuren und zwölf speziellen Fachgesellschaften. An einer ersten Handlungsempfehlung des VDI, die gerade veröffentlicht wird, konnte ich direkt mitarbeiten.

Gibt es schon neue Produkt-Beispiele in der Region?

Klaus Meyer: Interessant ist hier der erneute Vorstoß des Bielefelder Teams der ZF Friedrichshafen. Nachdem die Mitarbeiter mit dem Beispiel ihrer immer wieder verwendbaren  Kupplungsdruckscheibe für Nutzfahrzeuge eines der besten Beispiele für die Circular Economy am internationalen Markt haben, hat der Erfolg sie zu weiteren Produkten inspiriert. Erstmals konnten die Bielefelder mit einer elektrischen Ausrückvorrichtung für Nutzfahrzeuge ein komplexes Produkt mit elektronischen Komponenten in die sehr anspruchsvolle internationale „Cradle to Cradle“-Zertifizierung führen, ein Novum für Halbleiterelemente, die ja der Wiederverwendbarkeit einigen technischen Widerstand entgegensetzen.

 Für welche Branchen ist die Circular Economy noch interessant?

Klaus Meyer: Naturgemäß auch für die Baubranche, werden doch hier mengenmäßig die meisten Rohstoffe gebraucht. Mit zurzeit 150 Mio. Tonnen tragen die Betriebe zu fast der Hälfte des bundesweiten Abfallaufkommens bei.  Darum haben wir uns mit den Verantwortlichen der REGIONALE UrbanLand zusammengesetzt, um für die zahlreichen Bauprojekte in diesem regionalen Infrastruktur-Programm auch gleich die Chancen der Circular Economy zu nutzen. Das bedeutet neben dem weitgehenden Einsatz von Recycling-Werkstoffen insbesondere, die Wiederverwertbarkeit der Komponenten nach Ende der Nutzungszeit sicherzustellen. Ein Rohstoffdepot für die nächsten Generationen, aber auch eine echte Herausforderung für heutige Architekten und Bauingenieure, und nicht zuletzt für die Bauherren selbst. Auf der Tagung in Lippe mit dem Partner-Projekt „Lippe Zirkulär“ haben wir daher das Thema Recycling-Beton beleuchtet. Übrigens soll mit der „Smart Recycling Factory“ in Minden ein Kompetenzzentrum zum Thema Circular Economy in OWL entstehen.

Wer unterstützt die Aktivitäten von CirQuality OWL?

Klaus Meyer: In unserer Arbeit haben wir breiteste Unterstützung, so haben uns neben den sieben Projektträgern von CirQuality OWL schon 60 Unternehmen und Einrichtungen in OWL, NRW und darüber hinaus ganz konkrete Arbeitsbeiträge vertraglich zugesichert, zum Beispiel gemeinsame Workshops am Produkt, Bereitstellung von Produktions-Know-how oder wissenschaftliche Expertise. Hier ist zum Beispiel gerade das Prosper-Kolleg an der Hochschule Ruhr West in Betrieb gegangen. Mit den Aktivitäten der Region sind wir auch Mitbegründer des runden Tisches NRW zur zirkulären Wertschöpfung, der von den drei NRW Ministerien der Bereiche Wirtschaft, Bauen und Umwelt geleitet wird. Hier erarbeiten die 15 namhaftesten Partner Beiträge zur Circular-Strategie des Produktionsstandortes NRW.

 Gibt es internationale Kooperationen?

Klaus Meyer: Mit dem Forum Abfall im November am Campus Minden haben wir mit den Kollegen aus dem ostafrikanischen Tanzania diskutiert, wie wir Probleme und Lösungsansätze beider Länder zusammenbringen können. Das Interesse aus Dar es Salaam an den ostwestfälischen Kompetenzen ist sehr groß, denn die Rohstoff- und Abfallprobleme sind in Ostafrika existenziell. Der Initiator war der Mindener Verein Creed e.V., in dem die wesentlichen Abfallkompetenzen der regionalen Entsorgungsunternehmen organisiert sind. Beim letzten NRW Umweltsummit – der Messe der Umweltwirtschaft NRW’s in Essen – haben wir im Workshop mit den niederländischen Kollegen zusammengearbeitet, die die Circular Economy ebenfalls stark angehen.

 Und wie wird die Arbeit von CirQuality OWL finanziert?

Klaus Meyer: Hier entwickeln wir ständig Ideen für die Beteiligung von Unternehmen, aber herauszuheben ist natürlich, dass wir mit der erfolgreichen Positionierung der Region im NRW-Landeswettbewerb nun zumindest eine anteilige Finanzierung von Personalkosten für die sieben beteiligten Partner aus dem Europäischen Fonds und aus Landesmitteln erzielen konnten. Im September 2019 konnte uns die Regierungspräsidentin den Förderbescheid überreichen.

TIPP:
Circular Economy ist ein Schwerpunktthema auf der KUTENO 2020, vom 12. bis 14. Mai im A2-Forum, Rheda-Wiedenbrück. Weitere Informationen zum Thema Circular Economy : www.cirquality-owl.de und https://www.vdi.de/themen/zirkulaere-wertschoepfung

KUTENO Kunststofftechnik - Circular Economy im Fokus
Die KUTENO Kunststofftechnik, die vom 12. bis 14. Mai zum dritten Mal im A2 Forum in Rheda-Wiedenbrück stattfindet, stößt auf enorm großes Aussteller-Interesse. Bereits zum Ende des vergangenen Jahres waren die bisherigen Hallen (1, 2, 3, 5 und 6) komplett belegt. Da die Nachfrage unvermindert anhält, bietet der veranstaltende Hanser Verlag nun noch eine weitere Halle als Ausstellungsfläche an. „Wir werden die Halle vier zusätzlich nutzen. Hier wird u.a. auf einer Sonderfläche der Themenschwerpunkt „Circular Economy“ präsentiert. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist die Wandlung der gesamten Wertschöpfungskette des Werkstoffs Kunststoff vom linearen zum zirkulären Wirtschaften. Für die Kunststoffindustrie bietet dieses Themenfeld eine Vielzahl an Möglichkeiten, Herausforderungen und Chancen“, sagt Projektleiter Jan Harms. Im Fokus steht das Projekt CirQuality OWL, ein Gemeinschaftsprojekt der fünf Innovationsnetzwerke InnoZent OWL, Energie Impuls OWL, FPI – Food Processing Initiative, OWL Maschinenbau und ZIG – Zentrum für innovative Gesundheitswirtschaft. Des Weiteren sind der VDI OWL, die Fachhochschule Bielefeld sowie über 60 weitere Unternehmen, Hochschulen, Initiativen und Institutionen am CirQualityOWL beteiligt und in diesem engagiert. Den Fachbesucher erwarten auf einem ausgewiesenen Angebotsbereich Produkte und Dienstleistungen von KUTENO-Ausstellern entlang der Wertschöpfungskette zur Kreislaufwirtschaft. (siehe auch nebenstehendes Interview.) Weitere Informationen für Aussteller und Besucher: www.kuteno.de Bereits jetzt ist eine kostenfreie Online-Registrierung möglich, Code: kuteno20-codeKU

 

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