Die Aufbereitung großer Datenmengen und das Plattformgeschäft im industriellen Umfeld sind große Herausforderungen, die die digitale Transformation für Unternehmen mit sich bringt. Im jetzt gestarteten Projekt „Digital Business“ erforschen Unternehmen Lösungen für den Mittelstand.
Die Projekte von it’s OWL waren zu Beginn darauf ausgerichtet, die Technologieführerschaft in den Kernmärkten Maschinenbau, Elektrotechnik und Automatisierung durch innovative Projekte weiter auszubauen. Die Frage, was technisch möglich ist, stand lange im Fokus. „Wir haben in den vergangenen Jahren aus Technologiesicht den Weg in Richtung Intelligente Technische Systeme sehr erfolgreich gestaltet. Doch die digitale Transformation bedeutet mehr: Es geht auch um die Veränderung von Geschäftsmodellen und den Umgang mit großen Datenmengen im Industriekontext. Darum rücken diese Themen neben klassischen Engineering-Themen weiter in den Fokus“, erläutert Prof. Roman Dumitrescu, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung von it‘s OWL, die neuen Schwerpunkte des Clusters. „Wir wollen aus der Digitalisierung als Gewinner hervorgehen und nicht den Anschluss an weltweite Entwicklungen verlieren“, so Dumitrescu weiter. Im Bereich der Plattformen ist es ein Ziel des Clusters, das Potenzial für den Mittelstand zu erforschen und mittelständischen Unternehmen zugänglich zu machen. In den beiden Leitprojekten „Industrial Automation Plattform für Big Data“ und „Digital Business“ sollen dafür zuerst die Möglichkeiten systematisiert und weitere Zugänge entwickelt werden.
Plattformen bieten neue Zugänge zu Kunden und Märkten
In der digitalisierten Fabrik liefern unterschiedliche Systeme tagtäglich Unmengen an Daten. Egal ob Sensoren einer Maschine, einer Anlage oder Daten aus kaufmännischen Systemen – die Bandbreite ist divers, groß und unübersichtlich. In der Systematisierung und Interpretation dieser Daten liegt ein enormes Geschäftspotenzial. Dieses muss auch von der herstellenden Industrie genutzt werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. B2C-Unternehmen wie Google oder Facebook verdeutlichen seit Jahren, wie die Analyse von Daten ein wichtiger Teil des Geschäftsmodells werden kann.
Im Projekt „Digital Business“ geht es darum, aus den gewonnenen systematisierten Daten einen Mehrwert zu generieren und erfolgreiche Geschäftsmodelle zu entwickeln. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und Erlöse über den reinen Produktverkauf hinaus zu erzielen, müssen produzierende Unternehmen ihre Produkte immer stärker mit Services verzahnen. Durch digitale Plattformen können sie vom Auftragseingang über Produktion bis zur Logistik eine durchgehende Lösung anbieten. Voraussetzung sind innovative Lösungen, die den Kunden einen Mehrwert bieten und so eine adäquate Zahlungsbereitschaft erzeugen. Für die Unternehmen ist der Einstieg in das Plattformgeschäft jedoch schwer und mit zahlreichen Fragen verbunden.
„Wir wollen uns von Plattformen im industriellen Umfeld nicht überraschen lassen, sondern selbst aktiv mitgestalten“, sagt Jürgen Schäfer, Geschäftsführung Vertrieb WAGO Kontakttechnik, zur Projektbeteiligung. „Zusammen möchten wir den Plattformenmarkt explizit aus der Sicht der Mittelständler betrachten, die Gemeinsamkeiten erkennen und nutzen.“ Das sei für alle spannend. Denn man bewege sich vom reinen Hardwaregeschäft auf eine völlig neue Ebene – die des digitalen Geschäfts.
Den Plattformenmarkt aus der Sicht des Mittelständlers betrachten
Ziel des Projekts ist es, die Potenziale digitaler Plattformen für Unternehmen zu erschließen. Dabei wird ermittelt, welche Marktleistungen für das Plattformgeschäft geeignet sind, wie bestehende Plattformen genutzt werden können und welche Veränderungen in den Unternehmen erfolgen müssen. Aufbauend auf einem Plattformradar werden unterschiedliche Referenz-Plattformstrategien für den Mittelstand erarbeitet. Ein Leitfaden soll Unternehmen unterstützen, ihre individuelle Strategie zu erarbeiten. Im Rahmen der Applikationsgestaltung werden zudem Rollenprofile und organisationsbezogene Strukturen entwickelt, die für den Aufbau einer Plattform erforderlich sind.
Für Steffen Bersch, Vorstandsmitglied GEA Group, ist die Teilnahme eine wichtige Basis, um wettbewerbsfähig zu bleiben: „Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, müssen wir unsere Kräfte noch stärker bündeln. Durch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und den Hochschulen können wir als führender Technologiekonzern unserem Digitalisierungsanspruch noch schneller gerecht werden und zuverlässig innovative Verfahren entwickeln und beim Kunden zur Anwendung bringen. Aktuelle Forschungsergebnisse aus den Hochschulen sind dafür genauso wichtig wie die Erfahrungen und Perspektiven anderer Unternehmen.“
Neben WAGO Kontakttechnik und GEA ist auch das Bad Oeynhauser Unternehmen Denios am Projekt beteiligt. Damit bilden die Projektpartner die komplette Wertschöpfungskette der industriellen Fertigung ab: vom Komponentenhersteller über den typischen Mittelständler bis hin zum großen Maschinen- und Anlagenbauer. Aus der Wissenschaft sind das Fraunhofer IEM und die Universität Paderborn beteiligt.
Die Ergebnisse und Erfahrungen fließen in die Innovationsplattform von it‘s OWL ein und werden für die Clusterunternehmen verfügbar gemacht. Veranstaltungen und Fachgruppen bieten Möglichkeiten zu Information und Austausch. Kleine und mittlere Unternehmen können in Transferprojekten mit Förderung des Landes in Kooperation mit einer Forschungseinrichtung die Erkenntnisse nutzen, um konkrete Herausforderungen im Betrieb zu lösen. In Demonstrationszentren und Laboren werden Technologien und Anwendungsfelder anschaulich gemacht.
Weitere Informationen: www.its-owl.de
Kontext
Das Projekt „Digital Business“ ist eines von insgesamt fünf Projekten, das im Dezember 2018 gestartet ist und im Rahmen des Spitzenclusters it‘s OWL – Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe in den kommenden zwei Jahren umgesetzt wird. Im Mittelpunkt dieses Projektes steht die Fragestellung, wie Unternehmen aufbauend auf dem technologischen Fundament neue Services entwickeln und Märkte erschließen können.
Insgesamt sollen mit Unterstützung von Land, Bund und EU bis 2022 Projekte im Umfang von 200 Millionen Euro auf den Weg gebracht werden. 50 Prozent der Mittel kommen dabei aus der Industrie. In einem ersten Schritt werden seit Dezember letzten Jahres fünf Projekte mit einem Volumen von 15 Millionen Euro umgesetzt. Schwerpunktthemen sind maschinelles Lernen, Big Data, digitaler Zwilling, digitale Plattformen und die Arbeitswelt der Zukunft.