Pflichten für Unternehmer und Sanktionsmöglichkeiten der Finanzverwaltung
Die zunehmende Digitalisierung verändert nicht nur die Prozesse in den Unternehmen, sondern erhöht die Anforderungen und Pflichten. Steuerberater Hans-Rudolf Pollmeier, PKF, VOGT & PARTNER Wirtschaftsprüfer Steuerberater, über die Herausforderungen und wie Unternehmen darauf reagieren müssen.
Mittlerweile laufen die meisten unternehmerischen Prozesse mit Unterstützung von EDV- Systemen ab. Dies gilt im besonderen Maße für die wichtigen wertschöpferischen Prozesse sowie die Prozesse der Rechnungslegung und des Zahlungsmanagements. Die Anforderungen an die Ausgestaltung der IT-Prozesse und die Aufbewahrung der Daten werden daher immer strenger. Zu beachten ist, dass ab dem Jahr 2018 die neue Datenschutzrichtlinie in Kraft tritt. Hier drohen Strafen von bis zu vier Prozent der Jahresumsätze, wenn gegen die Datenschutzregeln verstoßen wird. Auch steuerlich ist vieles zu beachten. Werden sämtliche Vorgänge (elektronisch) detailliert aufgezeichnet, müssen alle Daten der Finanzverwaltung maschinell lesbar zur Verfügung gestellt werden können. Dadurch entstehen für Unternehmer Risiken, die bei guter Prozess- und Steuerplanung verhindert werden können.
Die Finanzverwaltung hat in den sog. GoBD („Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“) formuliert, welche Anforderungen an IT-gestützte Prozesse zu stellen sind.
Jeder einzelne Geschäftsvorfall muss danach lückenlos nachvollziehbar sein.
Durch die EDV-Systeme ist die Einzelaufzeichnungspflicht in der Regel zumutbar geworden und die Vollständigkeit der Daten grds. gewährleistet. Die Finanzverwaltung bekommt umfassenden Zugriff auf alle Einzeldaten und Strukturinformationen des Unternehmens. Die Aufzeichnungspflicht umfasst auch oft vernachlässigte Aspekte, wie den Zeitpunkt des Vorgangbeginns und -endes, die Zuweisung einer eindeutigen und fortlaufenden Transaktionsnummer sowie die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems.
Im Unternehmen entstandene oder eingegangene aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten und Unterlagen müssen unveränderbar sein und sind in der Form aufzubewahren, in der sie empfangen wurden. Ab 2019 wird es durch eine technische Verordnung des Bundes konkrete Regelungen geben, die die Authentizität und Vollständigkeit von digitalen Aufzeichnungen gewährleisten sollen. Generell kann gesagt werden, dass immer unveränderbare und fälschungssichere Datenträger eingesetzt werden und Sicherungen, Sperren, Festschreibungen, sowie automatische Protokollierung auf Software-Ebene Standard sein müssen. Organisatorische Zugriffberechtigungskontrollen, Protokollierung der Zugriffe, FileLock-Systeme sowie Dateiarchivierungsprogramme gewährleisten die Unveränderbarkeit.
Das Kriterium der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit wurde entsprechend dem technischen Fortschritts angepasst. Die IT-gestützte Buchführung muss von einem sachverständigen Dritten hinsichtlich ihrer formellen und sachlichen Richtigkeit in angemessener Zeit prüfbar sein. Dies ist durch Verfahrensdokumentationen möglich, dabei müssen alle Inhalte einer Verfahrensdokumentation auch so „gelebt werden“. Die Verfahrensdokumentation hat sowohl die aktuellen als auch die historischen Verfahrensinhalte für die Dauer der Aufbewahrungsfrist nachzuweisen und betrifft auch die Aufbewahrung von Benutzerhandbüchern, etc.
Zur optimalen Umsetzung der GoBD benötigt man ein Internes Kontrollsystem (IKS), das die lückenlose Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle durch ein Zusammenspiel von technischen und organisatorischen Kontrollen sicherstellt und die steuerlichen Prozesse dokumentiert.
Bedeutung gewinnt das IKS für die wichtige Abgrenzung zwischen der Steuerberichtigung nach § 153 AO und einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO. Dabei wird das Vorliegen eines IKS als Indiz gesehen, welches gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder Leichtfertigkeit sprechen kann und damit zugunsten des Steuerpflichtigen wirkt. Einen validen Ausgangspunkt zur Dokumentation eines derartigen Tax Compliance-Systems bilden dabei nicht zuletzt wiederum die GoBD.
Die GoBD gelten für Veranlagungszeiträume, die nach dem 31.12.2014 beginnen. Deshalb ist nach dem Anlaufen der ersten Betriebsprüfungen feststellbar, dass diese vermehrt einen weiteren Schwerpunkt auf der Prüfung der GoBD-konformen Buchhaltung legen werden. Ein ganzheitlicher Blick auf die Anforderungen an die elektronisch gestützten Geschäftsprozesse ist somit unumgänglich. Kommt der Steuerpflichtige seinen Pflichten zur Einräumung des Datenzugriffs oder zur Vorlage angeforderter (digitaler) Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist nicht nach, kann ein Verzögerungsgeld von 2.500 Euro bis 250.000 Euro festgesetzt werden.
Weiterhin stellt ein Verstoß gegen die GoBD einen formellen Mangel der Buchführung dar, der zu einer Hinzuschätzung von Gewinnen berechtigt. Bei schwerwiegenden Verstößen kann es sogar zur Verwerfung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung kommen.
Die technischen Möglichkeiten zur Manipulation der digitalen Kassenaufzeichnungen sind besonders vielfältig und stellen einen Sonderfall dar. Sie reichen von nicht dokumentierten Stornierungen bis hin zur Löschung gesamter Umsatzkategorien. Durch spezielle Software ist es möglich, Daten zu verändern ohne Spuren zu hinterlassen. Die Finanzverwaltung hat reagiert und mit der Kassen-Nachschau ab 2019 eine Möglichkeit geschaffen, die Ordnungsmäßigkeit der digitalen Kassenführung unangekündigt überprüfen und sanktionieren zu können. Bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro.
Weitere Informationen: pkf-herford.de