Mit ihrem Startup Lytt haben Lara von Petersdorff-Campen und Marvin Homburg einen digitalen Assistenten entwickelt, der das frühzeitige Erkennen und Aufklären von kulturellen und gesundheitlichen Problemen sowie psychischen Belastungen ermöglicht. Im Interview erläutern sie ihr Konzept und den Nutzen für Beschäftigte und Unternehmen.
Frau von Petersdorff-Campen, Skizzieren Sie Ihre Geschäftsidee
Lara von Petersdorff-Campen: Lytt ist ein digitaler Assistent, über den Mitarbeitende sensible Themen anonym und sicher ansprechen können. Das kann Konflikte am Arbeitsplatz betreffen, schließt aber auch gesundheitliche Probleme wie zum Beispiel Stress oder Erschöpfung ein. Auf Basis einer individuellen Fallnummer und PIN können Betroffene im Anschluss ihr Anliegen mit einer internen oder externen Vertrauensperson weiter aufklären und Hilfe erhalten. So ermöglichen wir es Unternehmen, schon sehr früh die Gesundheitsgefährdung und die kulturellen Probleme ihrer Mitarbeitenden zu erkennen. Das fördert nachhaltig die Betriebsgesundheit und stärkt die Unternehmenskultur.
Wie hat sich aus Ihrer Idee die Leidenschaft entwickelt, ein eigenes Unternehmen zu gründen?
Marvin Homburg: Wir haben Lytt gegründet, damit sich jeder Mitarbeitende am Arbeitsplatz einfach und sicher Gehör verschaffen kann und Hilfe erhält. Jeder Zweite traut sich aus Angst vor Benachteiligung nicht, offen über Mobbing, Diskriminierung und sexuelle Belästigung zu sprechen. Zudem dauert es durchschnittlich sieben Monate, bis sich Betroffene Hilfe suchen. Wir haben ein großes Potenzial darin erkannt, mithilfe eines niederschwelligen Kommunikationsweges sowohl Betroffenen, als auch den Unternehmen dabei zu helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen. Lytt kommt aus dem Skandinavischen und heißt „zuhören” bzw. „gehört werden” und trägt somit unsere Vision, jedem Mitarbeitenden eine Stimme zu geben.
Welche Lösungsmöglichkeiten bieten Sie und wo liegt der Nutzen?
Marvin Homburg: Mit Lytt haben wir den ersten digitalen Assistenten entwickelt, der das frühzeitige Erkennen und Aufklären von kulturellen und gesundheitlichen Problemen sowie psychischen Belastungen ermöglicht. Als niederschwelliger Kommunikationsweg bieten wir Betroffenen schnellen Zugang zu erster Hilfe, reduzieren so die Personalkosten für Unternehmen und schützen vor finanziellen Risiken und Imageschäden.
Hatten Sie Probleme bei der Finanzierung?
Lara von Petersdorff-Campen: Nein. Wir erhalten aktuell die Exist-Förderung des BMWi und des ESF und können so den Großteil unserer Lebenshaltungskosten decken. Da wir jedoch unsere ersten Mitarbeitenden anstellen, ergeben sich neue (finanzielle) Verpflichtungen. Wir sind zuversichtlich, dass wir die Kosten durch unsere ersten Kunden decken können und stehen darüber hinaus mit ersten Investoren in Gesprächen.
Suchen Sie Investoren?
Marvin Homburg: Ja. Wir wurden bereits von mehreren Investoren kontaktiert und planen im dritten Quartal diesen Jahres ein Investment in Höhe von mindestens 600.000 Euro aufzunehmen. Das Investment dient zentral der Skalierung unseres Vertriebs und soll unsere Position im deutschen Markt ausbauen.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie bzw. wie wollen Sie Ihr Personal rekrutieren?
Lara von Petersdorff-Campen: Aktuell sind wir vier Personen. Da wir bereits mit vielen größeren Unternehmen in Gesprächen stehen, werden wir das Team bis Ende des Jahres voraussichtlich auf neun Personen erhöhen.
Haben Sie den Markteintritt schon vollzogen?
Marvin Homburg: Ja, wir sind mit unserer Lösung bereits am Markt. Wir haben im Januar aktiv mit der Kundenakquise begonnen und konnten bereits erste Kunden, darunter die Bertelsmann Stiftung, gewinnen.
Mit welchen Herausforderungen beschäftigen Sie sich aktuell?
Lara von Petersdorff-Campen: Eine große Herausforderung für uns ist der langsame Vertriebsprozess und der hohe Abstimmungsaufwand in den Unternehmen. Wir arbeiten daher daran, unsere Prozesse so weit wie möglich zu rationalisieren und zu optimieren. Als kleines Team müssen wir auch unsere Ressourcen richtig einsetzen. Daher freuen wir uns über jeden Kontakt zu Unternehmen oder Vortragsmöglichkeiten, um unser Geschäftsmodell vor Kunden oder Investoren zu pitchen.
Was war für Sie bisher der größte Erfolg?
Marvin Homburg: Als wichtige Erfolge sehen wir die frühe Bestätigung unseres Geschäftskonzepts durch Förderungen, Experten und erste Kunden. Wir haben einen Förderzuschlag vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie vom Europäischen Sozialfonds erhalten. Darüber hinaus konnten wir Christine Lüders, ehemalige Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, sowie weitere Unternehmensvertreter der Boston Consulting Group oder der internationalen Anwaltskanzlei Bird & Bird als Advisory Board Mitglieder gewinnen. Zudem haben wir bereits namhafte Kunden wie die Bertelsmann Stiftung überzeugen können und stehen mit 30 weiteren Unternehmen in Kontakt, worunter auch das ein oder andere DAX-Unternehmen ist.
Was war die wichtigste Lektion bzw. was haben Sie von anderen gelernt?
Lara von Petersdorff-Campen: Immer fokussiert zu bleiben. Die Founders Foundation hat uns hier sehr unterstützt, ein Produkt zu entwickeln, was der Markt wirklich will. Gerade für junge Gründer ist es nicht immer einfach, die eigenen Ideen kritisch und umfangreich zu hinterfragen.
Sind Sie mit der bisherigen Entwicklung zufrieden?
Marvin Homburg: Absolut. Wir haben ein tolles Team und stiften mit unserer Geschäftsidee einen echten sozialen Mehrwert, der von unseren Kunden sehr wertgeschätzt wird.
Wo liegen die größten Herausforderungen in den nächsten Monaten?
Lara von Petersdorff-Campen: Ein agiles Team aufzubauen und sowohl den Fokus als auch die Vision im Auge zu behalten.
Weitere Informationen: www.lytt.de