Wissenstransfer – Steets

Dr. Sebastian Vogt

Prof. Dr. Sebastian Vogt ist Geschäftsführer des Technologietransfer- und Existenzgründungs-Centers der Universität Paderborn (TecUP). Anhand von Best-Practice-Beispielen berichtet er, wie es durch Hochschulausgründungen gelingen kann, Forschungserkenntnisse für Wirtschaft und Gesellschaft nutzbar zu machen.

Serie: Wissens- und Technologietransfer – Komplexe Prozesse einfach gemacht

In unserer Serie berichtet Prof. Dr. Sebastian Vogt, Geschäftsführer des Technologietransfer- und Existenzgründungs-Center der Universität Paderborn (TecUP), über erfolgreiche Ausgründungen und den Nutzen für Wirtschaft und Gesellschaft.

Seit mehr als einhundert Jahren nutzen Menschen Unterarmgehstützen, um vorübergehende oder dauerhafte Mobilitätseinschränkungen auszugleichen. Jedoch klagen Anwender als auch Fachleute wie Pflegekräfte, Physiotherapeuten und Ärzte bis heute über ein altbekanntes Problem, das mit der Gehhilfe verbunden ist: Die Stützen lassen sich nicht ohne Weiteres beiseitestellen und fallen nach kurzzeitigem Anlehnen um. Diese Problematik tritt millionenfach in alltäglichen Situationen auf und stellt die ohnehin schon eingeschränkten Menschen vor eine schwerwiegende Herausforderung. Statt die Genesung zu unterstützen, werden die umgefallenen Gehhilfen zur Gefahrenquelle. Stationäre Halterungen helfen hier nur bedingt, da sie ausschließlich in vordefinierten Anwendungsbereichen genutzt werden können, wodurch die Betroffenen stark in ihrer Mobilität und Flexibilität eingeschränkt sind. Bis heute gibt es keine zufriedenstellende, alltagstaugliche Lösung sowohl für Anwenderinnen und Anwender als auch aus Sicht von Expertinnen und Experten.
Das Startup Steets hat sich der Herausforderung gestellt und arbeitet daran, die Unzulänglichkeiten von Gehhilfen zu analysieren und die seit Jahrzehnten bestehenden Produkte zu optimieren. Dadurch soll zukünftig der Alltag von jährlich ca. 4,5 Millionen Menschen, die auf Gehhilfen angewiesen sind, erleichtert und die Rehabilitation unterstützt werden. Das junge Gründerteam hat ein innovatives und weltweit einzigartiges Zusatzmodul für Unterarmgehstützen entwickelt, welches den Anwendern ermöglicht, die Gehhilfe dank eines alltagstauglichen Systems und einer einfachen, intuitiven Bedienung an jeder gewünschten Stelle einfach, schnell und sicher abzustellen – ein echter Mehrwert. Das innovative Zusatzmodul soll an B2B-Kunden wie Rehakliniken, Kranken- und Sanitätshäuser vertrieben werden, um mobilitätseingeschränkte Menschen bereits zu Beginn in der Genesung optimal zu unterstützen.
Die drei Gründer Philipp Battisti, Thorben Engel und Phil Janßen bringen interdisziplinäre Kompetenzen aus den Bereichen Betriebswirtschaft, Biomedizintechnik sowie aus der Medien- und Kreativwirtschaft ein. Durch die zweijährige Arbeit mit und an Unterarmgehstützen konnten die drei ein umfassendes Verständnis für die betreffende Branche erlangen und sich bereits ein starkes Netzwerk entlang der Wertschöpfungskette von Unterarmgehstützen aufbauen. Die Innovation stößt auf großes Interesse bei Ärzten, Sanitätshausketten und Krankenkassen.
Von Beginn an ist das Team Teil unseres Gründungszentrums und wird bei dem Vorhaben unter anderem durch intensives Coaching und die Teilnahme an themenspezifischen Workshops wie Marketing und Finanzierung unterstützt. Hierdurch erhält es Zugriff auf die hochschulinterne Infrastruktur des Gründungsinkubators garage33 und kann die praxisorientierte Entwicklung vorantreiben. Neben der Zusammenarbeit und Kooperation mit einer Prototypwerkstatt aus dem Raum OWL wird auch das Angebot unseres MakerRooms genutzt, um die iterative Entwicklung des Prototyps zu beschleunigen. Mit ihrer innovativen Geschäftsidee konnten die Gründer bei der Jurysitzung des Gründerstipedium.NRW vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW überzeugen. Mitte 2021 lief die einjährige Förderung aus. Seitdem erhalten die Gründer eine Begabungs- und Leistungsförderung von ihrer jeweiligen Universität bzw. Fachhochschule. Über das universitäre Umfeld hinaus hat das Team bereits wertvolle Kooperationen mit etablierten Unternehmen sowie mit Vorsorge- und Rehaeinrichtungen geschlossen, um sowohl fachspezifische als auch fachübergreifende Unterstützung und Hilfestellungen zu erhalten. Die Zusammenarbeit und der Erfahrungsaustausch mit mobilitätseingeschränkten Personen, welcher besonders durch die enge und vertraute Kooperation mit der Dr. Becker Rhein-Sieg Klinik und der Unterstützung des Verwaltungsdirektors Herrn Dr. Kleiber zustande kommt, ermöglichen eine praxisnahe und produktive Entwicklung der Innovation. Die Dr. Becker Rhein Sieg Klinik gehört zur Dr. Becker Klinikgruppe, welche bereits mehrfach als das innovativste Rehaunternehmen Deutschlands ausgezeichnet wurde. Als nächste Schritte sind eine mehrmonatige Testphase mit der Partnerklinik und die Validierung der Ergebnisse sowie die Finalisierung des Produkts geplant.
Im Januar dieses Jahres gründete das Team eine Kapitalgesellschaft und steht nun kurz vor Abschluss ihrer ersten Seed-Finanzierungsrunde mit einem Investor aus OWL, der einen technischen Background mitbringt, sowie einem Investor aus London, der aus der Medienbranche kommt. Eine zweite Finanzierungsrunde zur Erweiterung der unternehmerischen Strukturen ist bereits angestrebt. Für den Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen erhielten die Gründer eine erfolgreiche Patentförderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, welche für innovative und erfolgsversprechende Geschäftsideen vergeben wird.

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